Eröffnung der Fotoausstellung "Sternenkinder - (k)ein Tabuthema"
Über so viel Interesse an der Ausstellung haben wir uns sehr gefreut! 50 Personen waren da - Betroffene, Hebammen, andere Hospizdienste, Psychologinnen, Ehreanmtliche vom Aki und Interessierte.
Hier der Bericht von Corinna Janßen, der am 10. Mai 2025 im HT zu lesen war:
Eine gebrochene Mutter hält ihr winziges totes Baby im Arm, der Vater sitzt weinend daneben. In einer Hand liegt ein wunderschönes Kind, Arme, Beine, alles ist da, doch es ist zu klein, um zu leben. Neben Plüschtieren liegt ein Baby in normaler Größe, der kleine Bruder und die Eltern verabschieden sich. Zwei Hände halten ein winziges Füßchen. Die Fotoausstellung „Sternenkinder – (k)ein Tabuthema“ zeigt Motive mit einer berührenden und zugleich schmerzhaften Tiefe. Astrid Winter, Koordinatorin des Aki Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst Schwäbisch Hall, hat die Wanderausstellung der „Dein Sternenkind-Stiftung“ nach Hessental geholt und den besonderen Fotos gemeinsam mit Sternenkind-Fotografin Anja Joas einen würdevollen Platz gegeben. Darüber hinaus wurde ein großer Büchertisch mit entsprechender Thematik vorbereitet.
Vergangenen Donnerstag, 8. Mai, ist Eröffnung. Im Aki pulsiert das Leben. Trotz des ernsten Themas sind gut 50 Interessierte aller Altersklassen gekommen. Die Atmosphäre ist locker. Viele Menschen kennen sich und sind in angeregte Gespräche vertieft. Doch diejenigen, die vor den Fotos stehen, betrachten ergriffen und schweigen.
Die Fotografie ist das, was Erinnerungen festhält, wenn das Gehirn sie verblassen lässt.Anja Joas, Sternenkind-Fotografin
„Die Ausstellung der Sternenkinder war schon lange eine Herzensangelegenheit von Daniela Hirschbach, der Gruppenleiterin des Sternenkindcafés, und mir“, begrüßt Aki-Koordinatorin Astrid Winter die Gäste. Es sei ihnen wichtig, die Kinder sichtbar zu machen.
Oft mit Scham behaftet
Die Haller Stadträtin Andrea Härterich spricht Grußworte in Vertretung für den verhinderten Haller Oberbürgermeister Daniel Bullinger. Sie freue sich, dem Thema Sternenkinder gemeinsam mit den Anwesenden mehr Sichtbarkeit zu geben. „Das Thema Tot- oder Fehlgeburt ist oft ein Tabuthema und mit Scham behaftet. Für die betroffenen Familien ist es aber vor allem eine katastrophale Erfahrung“, betont Andrea Härterich. Der Freude, das eigene Kind kennenzulernen, folge Ohnmacht, Trauer, Wut, Fassungslosigkeit. Und der Schmerz betreffe mehr Familien als gedacht. Wohl gibt es in jeder dritten eine Fehlgeburt oder ein Sternenkind.
Sternenkinder dürften kein gesellschaftliches Tabuthema mit dem Phänomen des nicht anerkannten Verlusts bleiben, sagt Andrea Härterich in Bezug auf den Anspruch auf Mutterschutz. „Es bedarf neben einer Aushandlung der Rechtsgrundlagen auch einer Selbstreflexion der beteiligten Berufsgruppen und einer erhöhten Sensibilisierung der Gesellschaft“, ist die Kommunalpolitikerin der Meinung. Besonders freue es sie, dass im Aki Sternenkindfamilien seit 2019 einen Platz gefunden haben, bereits ein Jahr nach der Eröffnung des Kinderhospizes. Einmal im Monat findet dort das Sternencafé statt.
Aki-Vorsitzende Kerstin Schelkle ergreift das Wort: „Diese Ausstellung reiht sich ein in viele Angebote und Veranstaltungen hier im Aki und trägt dazu bei, dass die Sternenkinder unserer Familien sichtbar werden und bleiben.“ Sie freue sich, dass das Thema seit Eröffnung des Aki durch Angebote kein Tabuthema bleibt. 24 Sternenkinder aus dem Haller Raum bleiben im Kinderhospiz sichtbar – als Kerze mit Namensschild auf einem Regal. Das Sternencafé sei ein Raum der Begegnung und des wichtigen Austausches unter Betroffenen. Darüber hinaus seien Familien von verstorbenen Kindern auch in anderen Gruppen vernetzt, etwa beim beliebten Kreativangebot „Aki in Farbe“.
Wie wichtig das Thema sei, zeige sich an einem Beispiel, welches ihr Astrid Winter einmal mitgeteilt habe, berichtet Kerstin Schelkle. Eine 80-jährige Frau war bei einer Führung durchs Aki gelaufen und als das Thema Sternenkinder aufkam, war sie in Tränen ausgebrochen. Sie habe diese Erfahrung auch gemacht und sei vor 60 Jahren nicht gesehen worden.
Sternenkind-Fotografin Anja Joas spielt vor ihrem Redebeitrag ein kurzes Video ein. Ein betroffenes Paar berichtet unter Tränen von ihrem Erlebnis mit einem Kind, dessen Herz bereits im Mutterleib aufgehört hat, zu schlagen. Die Zuhörenden sind tief betroffen, viele können die Tränen nicht zurückhalten. Joas sagt dann: „Ich fotografiere tote Kinder.“ Der Grund: Sie komme aus einer sozial engagierten Familie und habe für sich etwas in Verbindung mit ihrem Beruf gesucht, wo sie helfen könne. „Die Fotografie ist das, was Erinnerungen festhält, wo Erinnerungen konserviert werden, wenn das Gehirn diese bereits verblassen lässt.“ Sie berichtet von ihren Anfängen, von Vorfällen im Freundeskreis, wo sie sich selbst hilflos vorgekommen sei.
Ein besonderer Start
Vor elf Jahren habe sie Kai Gebel mit seinem Lebenswerk „Dein Sternenkind-Stiftung“ gefunden. Sie bewarb sich und wartete auf ihren ersten Einsatz. 2016 kam der erste Einsatz: Olivia mit Trisomie 18 sollte spätestens nach der Geburt sterben, so hatten es die Ärzte vorausgesagt. Doch dazu sei es nicht gekommen. Das Kind wurde ein Jahr alt, dann war seine Reise auf dieser Erde für sie zu Ende.
Betroffener ist berührt
Anja Joas berichtet mit warmer Stimme von ihrer Arbeit, davon, wie Einsätze vonstattengehen, was sie seither erlebt hat. Und sie berichtet auch darüber, wie sie Erlebtes verarbeitet, welche Dankbarkeit sie von Betroffenen erfährt. „Es ist einfach ein verdammt gutes Gefühl, dass man mit dem Fotografieren so viel geben und den Eltern die Welt ein Stück leichter machen kann“, sagt Joas. Es sei an der Zeit, das Tabuthema Sternenkinder öffentlich zu machen, dass betroffene Eltern darüber reden dürfen, ohne dass Menschen sich abwenden.
Unter den Gästen sind auch Sternenkind-Eltern. Ein Vater erzählt, sein Sohn Tim sei vor drei Jahren in der 22. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen. „Seitdem ich ein Sternenkind habe, weiß ich, dass es viele von ihnen gibt.“ Die Bilder der Ausstellung hätten ihn sehr bewegt. So geht es auch Natalie Hambrecht aus Ingelfingen, selbst Sternenkind-Fotografin: „Die Stimmung auf den Fotos ist so gut eingefangen.“
Das ist die „Dein Sternenkind-Stiftung“
Die Stiftung wurde Anfang 2013 durch Kai Gebele ins Leben gerufen. Er war Vater, freier Fotograf und Filmemacher. „Kai starb völlig unerwartet am 2. Januar 2023. Er wird uns immer unvergessen bleiben“, sagt Sternenkind-Fotografin Anja Joas. Er sei Träger des Bundesverdienstordens am Bande gewesen.374 Sternenkind-Einsätze hatten die Fotografen der Stiftung allein im Februar 2025 bewältigt, so Joas. 2024 seien es insgesamt 4748 Einsätze gefahren worden. Aktuell seien es über 682 Sternenkind-Fotografen in Deutschland, Österreich, der deutschsprachigen Schweiz und Südtirol mit 650 Kliniken. Über 1,661 Millionen Bildern lägen gesichert auf eigenen Servern der Stiftung. Das Angebot ist für betroffene Eltern kostenlos.Mehr zur Stiftung unter https://dein-sternenkind.eu